Schokolade wird richtig teuer

Schokolade wird richtig teuer

Sturmtief im Anzug

Gewisse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, bevor deren Wirkung voll zu spüren ist. Und manchmal ist dieser Schatten so dunkel, dass es nichts Gutes verspricht. Aktuell dunkelt sich unser Geschäftsfeld in einem Bereich ein, welcher den einen oder die andere von uns hart treffen könnte: Die Preise für Kakao explodieren im Moment gerade.

Wer einen Kaffeekontor betreibt, trägt eine große Verantwortung auf seinen Schultern. Schließlich pflegen deren Kunden ein derart inniges Verhältnis zu den dort üblicherweise angebotenen Bohnen, dass man von einem regelrechten Abhängigkeitsverhältnis sprechen muss. Der Begriff Coffee Junkie kommt ja von irgendwo.

Kaffee ist allerdings nicht die einzige Droge, welche in einem Kaffeekontor angeboten werden. Zumindest in unserem.

Ein wichtiges Element, unsere Kunden möglichst nah, also in Abhängigkeit zu uns, zu halten, ist Schokolade. Und genau in diesem Bereich steuern wir auf dunkle Zeiten zu: Die Preise für Kakao sind nämlich in den vergangenen Wochen regelrecht explodiert.

Man sollte mit dem Begriff Explosion im Zusammenhang mit der Preisentwicklung von Produkten nicht inflationär (Vorsicht: Wortspiel!) umgehen. Aber in diesem Zusammenhang ist er durchaus angebracht, wie folgender Chart zeigt.

Kakaopreise im Höhenrausch

Wenn der Preis innerhalb kürzester Zeit von 2200 € auf über 12000 € steigt, darf man jedoch ohne schlechtes Gewissen von einer explosiven Entwicklung sprechen.

Für Schokoholiker ist das eine absolut erschütternde Entwicklung. Zum einen, weil deren liebstes Suchtmittel markant teurer wird und zum andern, weil wir mit einer dramatischen Verknappung des Angebotes rechnen müssen.

Hintergrund ist, dass die Bestände durch klimatische Faktoren geschwächt und durch Krankheitserreger reduziert wurden. In Westafrika, wo man für rund 70% der weltweiten Kakaoproduktion verantwortlich ist, sind Ernteausfälle von rund einem Drittel zu erwarten. Weil das nun schon das dritte Jahr in Folge ist, in welchem mehr konsumiert, wie produziert wird, sind die weltweiten Lagerbestände auf einen historischen Tiefstand gefallen.

Auf den ersten Blick sind der Klimawandel und das zyklische Wetterphänomen El Niño (welches allerdings erst im Anzug ist) für den Rückgang verantwortlich.

Bei genauerem Hinschauen erkennt man aber, dass diese Schäden nur Symptome einer generellen Fehlentwicklung sind

Der tiefere Grund der Kakao-Krise

Das eigentliche Problem liegt darin, dass den produzierenden Bauern kein Anreiz geboten wird, in ihren Baumbestand zu investieren. Deshalb basiert die aktuelle Produktion auf einem überalterten Baumbestand, welcher nicht nur weniger Ertrag abwirft, sondern auch anfälliger gegen Krankheiten und Witterungsbedingungen ist.

Dass es den Bauern an Geld und Motivation fehlt, ihren Baumbestand zu pflegen, liegt zum einen daran, dass die eigentliche Wertschöpfung beim Kakao überall, aber nicht in den Herkunftsländern stattfindet.

Zum andern setzen die lokalen Behörden Rahmenbedingungen fest, welche den Bauern keinen Spielraum für wirtschaftliches Handeln offenlassen: Die Preise werden staatlich festgelegt – ein Vorgang welcher dem klassischen Spiel von Angebot und Nachfrage ein rasches Ende setzt.

Kein Spielraum für notwendige Investitionen

Welche Konsequenzen dies hat, ist im aktuellen Umfeld sehr gut zu sehen:

In einem funktionierenden Markt würden die Preise steigen, wenn die Nachfrage höher ist als das Angebot (was wir im Moment ja beobachten können). Das hätte zum einen zur Folge, dass die Bauern in unserem Fall nicht wirklich weniger verdienen würden, wenn die Ernte schwächer ausfällt. Gleichzeitig würden höhere Preise dafür sorgen, dass in die Produktion investiert wird (weil es sich lohnt, mehr zu produzieren).

Weil aber der Staat die Preise festlegt, bekommen die Bauern nichts von den Preissteigerungen zu sehen. Im Gegenteil: Bei festen Preisen und kleineren Produktionsmengen geraten die Bauern in wirtschaftliche Not. Sie haben deshalb weder einen Anreiz mehr zu produzieren noch die dafür notwendigen Mittel. Genau deshalb sind die Baumbestände überaltert und anfällig für Wetter und Krankheiten.

Ein Schuss ins Knie, nennt das man wohl.

Geiz ist nicht einfach geil, sondern regelmässig dumm

Wir könnten jetzt natürlich die lokalen Regierungen und die internationalen Multis für die Situation verantwortlich machen, aber das greift zu kurz. Viel zu kurz. Es sind auch wir Konsumenten und Konsumentinnen, welche viel zu oft lieber zu Billigprodukten denn zu Fair Trade Produkten greifen lassen.

Wie auch immer: Wenngleich die Exzesse an der Börse aktuell in erster Linie börsentechnische Gründe haben (weil Börsenhändler sich verspekuliert haben, in dem sie vor Jahresfrist Ware verkauft haben, welche sie eigentlich noch nicht hatten), müssen wir mit massiven Preissteigerungen rechnen. Und mit Versorgungslücken.

Das gilt übrigens nicht nur für Schokoladenprodukte, sondern auch für Kaffee, Bananen, und andere Produkte aus der klimatischen Problemzone rund um den Äquator.

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